![]()
Der Hambacher Forst wird für eine anachronistische Form der Stromgestehung vernichtet – es geht um Kohle. Junge Menschen leisten anarchischen Widerstand, besetzen Bäume. Sie verursachen alleine Gewalt, so der Tenor von Presse und Landesregierung. Zweifel an diesem Bild waren Grund für einen Ortstermin.
Es gibt drei klassische Gründe, um diese Uhrzeit im Bett zu sein: Sonntagmorgen, kalt, Regen. Ich stehe trotzdem auf, drei Teilnehmer sagen ab, zwei davon wegen des Wetters. Ein Auto voller Bananenkisten, mit diversen „…NEIN DANKE“-Aufklebern und einem Anhänger voll Holz steht vor mir, wir fahren aber nicht zum Trödelmarkt. Wir fahren zum Hambacher Forst, aus Vorsicht haben wir zusätzliche Rettungswesten eingepackt, Taschenmesser zu Hause gelassen, TÜV-Stempel an Autos und Anhänger und die Beleuchtung akribisch kontrolliert: Wir rechnen mit Polizeikontrollen. Fast am Ziel passieren wir den sterbenden Ort Morschenich, danach Lotsenstellen. Absperrungsschilder müssen im Zickzack umfahren werden, Hinweise: „Achtung Werksgelände“, „Einbahnstraße“ tauchen auf. Ein wenig mulmig ist mir schon zumute, wenigstens sind wir nicht allein.
Einer Gruppe Fußgänger bieten wir Mitfahrgelegenheit an. Nicht nötig, da vorne ist schon der Parkplatz. Direkt an der Einfahrt zitiert RWE ein Gerichtsurteil (AZ 24 O 392/12) mit 250.000 Euro Ordnungsgeld oder sechs Monaten Haft. „Eine Blockade, Störung des Betriebes oder die bloße Unterstützung einer solchen ist rechtswidrig.“ Direkt darüber wieder ist ein Verbotsschild mit der Aufschrift: „Werksanlagen, absolutes Betretungsverbot für Werksfremde“. Der Waldpädagoge Michael Zobel hat zu diesem Spaziergang eingeladen und sichert uns zu, dass das Betreten des Waldes nicht verboten ist. 110 Personen und ein paar Hunde passieren das Verbotsschild. Beim ersten Baumhaus angekommen seilt sich ein großer, junger Mann in grüner Kleidung ab. Eine Balaclava schützt sein Gesicht...